Torawimpel (Mappa)



In die jüdische Gemeinschaft werden Mädchen mit 4 Wochen durch die Namensgebung in der Synagoge und Jungen am 8. Tag durch die Beschneidung aufgenommen. Bis ins 20. Jahrhundert hinein gibt es den Brauch, nach der Beschneidung aus der gereinigten und in Streifen geschnittenen Beschneidungswindel ein Tuch zu nähen. Dieser sogenannte Wimpel wird mit Lebensstationen und Daten des Jungen verziert und dient in der Synagoge als Wickelband für die Torarolle. Mancherorts wird heute diese Tradition wiederbelebt.

Titel: Torawimpel Nathan bar Chajjim
Datierung: 1888
Material: Leinen, bemalt
Maße: 18 x 360 cm
Urheber: unbekannt
Auftraggeber: unbekannt

Unter den Textilfunden befinden sich viele Torawimpel, von denen sechs vollständig erhalten sind. Zwanzig weitere sind fragmentarisch vorhanden. Der Älteste stammt von 1633. Überwiegend sind sie bestickt. Drei sind bemalt, so wie der hier gezeigte Wimpel von Nathan bar Chajim, der in gutem Zustand ist. Die formelhafte Inschrift des hebräischen Spruchbands lautet in Übersetzung: „Nathan, Sohn des Chajjim, geboren unter einem glücklichen Stern am heiligen Schabbat am 28. Tag im Siwan, im Jahr 648 nach der kleinen Zählung [7. Juni 1888], der Herr lasse ihn heranwachsen zur Tora, zur Chuppa und zu guten Taten. Amen Sela.“

Der Wimpel trägt gängige Bildsymbole: Die Abbildung der Torarolle symbolisiert den Wunsch, dass er ein frommes Gemeindemitglied werden soll. Der Hochzeitsbaldachin (Chuppa) steht für bevorstehendes Eheglück und erhoffte Nachkommenschaft. Ungewöhnlich ist die Darstellung der Gesetzestafeln. Die Tafeln gelten als Sinnbild für die 5 Bücher Moses (Tora). Deshalb, so vermutet man, geben die Tafeln einen Hinweis auf seinen Geburtstag am Schabbat: da wöchentlich beim Schabbatgottesdienst aus der Tora gelesen wird.

Weiterführende Literatur:

Linda Wiesner: Der Textilfund. In: Falk Wiesemann (Hrsg.): Zeugnisse jüdischen Lebens in Niederzissen. Genisa-Funde in der ehemaligen Synagoge. Kultur- und Heimatverein Niederzissen, Niederzissen 2012.