Eheverträge (Ketubbot)


Ein Ehevertrag (Ketubba) ist traditionell in aramäischer Sprache verfasst. Im orthodoxen Judentum dient er der Absicherung der Frau. In ihm garantiert der Ehemann seiner Ehefrau die Ernährung, ein gesundes Leben und Freude. Die Ketubba regelt auch die finanzielle Absicherung der Frau im Falle einer Scheidung oder des Todes des Mannes. In modernen jüdischen Strömungen dient eine Ketubba der Liebesbekundung und Absicherung beider Partner.

Titel: Ehevertrag (Ketubba)
Datierung: 1814
Material: Papier, Tinte, handschriftlich beschrieben
Maße: 22,5 x 21 cm
Urheber: unbekannt
Auftraggeber: Rabbi Schlomo, Sohn des Schemuel ha-Kohen

Dieser Ehevertrag ist einer von fünf erhaltenen aus der Genisa. Ausgestellt ist er am 11. Dezember 1814 in Niederzissen von Rabbi Schlomo, genannt Zalman, Sohn des Schmuel ha-Kohen. Seine Braut Gutrat, Tochter des verstorbenen Herrn Alexander, genannt Süsskind, ist eine Waise. Zu dem Eheversprechen, das sich ein Paar im Beisein zweier Zeugen gibt, gehört traditionell- auch heute noch- die Unterzeichnung des Ehevertrags von den beiden Zeugen. Hier unterzeichnen: Mosche bar Totris und -soweit entzifferbar- Mosche bar Asher.

Üblicherweise wird eine Ketubba auf gutem Papier in Druckschrift verfasst und meist mit Schmuckelementen versehen. Das vorliegende Exemplar hingegen ist jedoch schmucklos und auf einfachem Papier in Schreibschrift niedergeschrieben. Es ist zu vermuten, dass Rabbi Schlomo einen unprofessionellen Schreiber für die Ketubba beauftragt hat oder das Dokument in großer Eile erstellt werden musste.

Übersetzung
Am vierten Tage nach Schabbat, dritter Tag des Monats Kislew, im Jahre fünftausend und fünfhundert und siebzig und fünf nach Erschaffung der Welt und nach der Zählung, mit der wir in dem Dorf Niederzissen zählen, ich, der Bachur (Unverheiratete) Rabbi Schlomo, der Zalman bar Schmuel haKohen genannt wird, sprach zu jener Jungfrau Gutrat, Tochter des verstorbenen Herrn Alexander, der auch Süsskind genannt wird: Sei mir zur Frau nach dem Gesetz des Mosche und Israels. Und ich will für dich arbeiten, dich in Ehren halten, dich ernähren und versorgen […] und auch Frau Gutrat, die Jungfrau, stimmte zu, seine Frau zu werden; und in Bezug auf das Heiratsgut (nedunya), das sie aus dem Hause ihres Vaters mitbrachte, sei es Silber, sei es Gold, sei es Schmuck, seien es Kleidungsstücke, Bettzeug (im Wert von) fünfzig Litrin. Und es willigte der Rabbi Schlomo ha Kohen, der Bräutigam, ein, eine solche Summe von fünfzig Litrin für sie hinzuzufügen. […]

Alles ist fest und rechtskräftig!

Schlomo bar Schmuel ha-Kohen, der Bräutigam. Mosche bar Totris und Mosche bar Asher, Zeuge.

(Übersetzt von Prof. Dr. Andreas Lehnardt)

Weiterführende Literatur:
Sheila Whitlock,The Ketubah: A Jewish Marriage Contract and Its Cross-Cultural Use. Masterarbeit (2016) am Apostolic theological Seminar, New Iberia, Louisiana 2017.

Englische Übersetzung des Ehevertrags

Marriage contract (Ketubbah)

Translation
On the fourth day after Shabbat, third day of the month kislev, in the year five thousand and five hundred and seventy and five after the creation of the world and with the count we use in the village of Niederzissen, I, bachur (unmarried) Rabbi Shlomo, named Zalman bar Shmuel ha Kohen, talked to that virgin Gutrat, daughter of the dead Mr. Alexander, who is also named Süsskind: Be my wife after the law of the Moshe and Israel. And I will work for you, honour you, feed and take care of you […] and also Ms.Gutrat, the virgin, agreed to be his wife; and concerning the dowry (nedunya), which she brought from her father’s house, be it silver, be it gold, be it jewellery, be it clothes, be it bedding (worth) fifty Litrin. And Rabbi Shlomo ha Kohen, the groom, agreed to add such a sum of fifty litrin for her. […] Everything is certain and legally valid! Shlomo bar Shmuel ha-Kohen, the groom, Moshe bar Totris and Moshe bar Asher, witness.