Hildegard von Bingen

Meditativen Lesung und Klangmeditation

Niederzissen. Während einer außergewöhnlichen Lesung mit Klängen in der ehem. Synagoge Niederzissen, vorgetragen von Eva-Maria Weiss, Kunsttherapeutin und Sigrid Hergarten, Klangtherapeutin (beide aus Dedenbach), erlebten die Teilnehmer die Biographie, die Visionen und die Heilkunde von Hildegard von Bingen (1098 – 1179) hautnah. Ausgewählte meditative Texte luden am Gründonnerstag zum Lauschen und Nachfühlen ein, wobei viele Textpassagen mit Klanginstrumenten untermalt wurden, so dass die Inhalte noch vertiefter und emotionaler verinnerlicht werden konnten.

Hildegard, die große Frauengestalt des Mittelalters, war zugleich Theologin, Naturkundlerin, Äbtissin, Ärztin und Dichterin. Das Licht ihrer ganzheitlichen Schau der Schöpfung strahlt bis in unsere Zeit und beleuchtet Fragen und Probleme der Gegenwart.

Für Hildegard ist die Begegnung mit Gott kein subjektives Zwiegespräch der Seele mit ihrem Schöpfer, sondern Schau der innersten Zusammenhänge der Welt, der wechselseitigen Bezogenheit von Mikrokosmos und Makrokosmos. „Gott kann ja nicht geschaut werden. Er wird vielmehr durch die Schöpfung erkannt.“ Die Gotteserfahrung bleibt für sie aber nicht nur spirituelles Ereignis, sondern soll auf die Gestaltung des Alltags, die Heiligung des Lebens übertragen werden.

In ihrer Heilkunde sagt Hildegard, dass ein Genesungsprozess für den Menschen und seine ganze Welt und Geschichte nur durch Einstrahlung der „viriditas“ (Lebenskraft, Grünkraft) aus dem Lebensgrund erfolgen kann. Grün ist für Hildegard mehr als eine Farbe: Grün ist das Herz Gottes, grün ist gezeugtes Licht, grün ist der Leib des Menschen, seine Zeugungskraft, die weibliche Schönheit. Grün ist gesundes Sein.

Die Texte der christlichen Mystikerin beeindruckten die Teilnehmer sehr. „Mir fehlen noch die Worte, doch meine Seele ist berührt“ oder „Tief berührt bedanke ich mich von ganzen Herzen“ schrieben einige Zuhörerinnen nach der Lesung ins Gästebuch der Synagoge.

Foto: Photographie Pitzen