Oboe virtuos und ganz nah in ehem. Synagoge

Oboe virtuos und ganz nah in ehem. Synagoge
Stimmungsvolles Konzert der Stiftung Villa Musica in Niederzissen

Niederzissen. „So direkt und nahe gegenüber, habe ich die Oboe noch nicht erlebt“, mit diesen Worten gab Richard Keuler, Vorsitzender des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen, am Ende des Konzertes seine Freude über das Klangerlebnis zum Ausdruck und sprach damit den Zuhörern aus dem Herzen. In dem knapp zweistündigen Konzert erlebten die begeisterten Besucher nämlich eine Kombination aus selten gespielten Stücken damals junger Komponisten, wie das einzige Oboenquartett, das Mozart komponiert hat. Es entstand in München für den ersten Oboisten der berühmten Mannheimer Hofkapelle, Friedrich Ramm. Mit Prof. Kai Frömbgen, Solo-Oboist in Spitzenorchestern, und drei Stipendiaten der Stiftung Villa Musica, Larissa Cidlinksky, Violine, Yasin Guendisch, Bratsche, und Sarah Kim, Violoncello, erklang das feine Kammermusikwerk Mozarts, gepaart mit der tollen Akustik der ehem. Synagoge und von der Oboe im ersten Satz geführt wie eine italienische Arie. Es setzte sich im zweiten Satz, dem d-Moll-Adagio, in Anlehnung an die Operia seria, fort, um im abschließenden Rondeau mit virtuosen Passagen bis zur höchsten spielbaren Note der Oboe zu enden.
Mit 18 Jahren komponierte Benjamin Britten sein „Fantasy Quartet“ Opus 2 für Oboe und Streicher. Es ist formal zwar eine Sonate, aber mit einer Klangaura, die die Besucher mit „kryptischen Marschrhythmen“ der Streicher, wie Peter Evans in seinem Standartwerk über Brittens Musik beschrieb, bewegt und fasziniert. So auch beim jetzigen Konzert, bei dem die Oboe den Streichern mit lyrischen Impulsen gegenüber trat. Die drei Sätze Andante alla marcia – Andante – Tempo primo forderten höchste Konzentration der jungen Musiker und ihres Dozenten, der mit der Oboe lebhaften Anteil hatte an der Auflösung der starren Rhythmen der Streicher in arabesken Figuren bis hin zu rhapsodischen Fantasien Brittens im englischen Stil.
Aber auch ohne Oboen Begleitung brillierten die drei jungen Stipendiaten mit Ludwig van Beethovens Streichertrio G-Dur, op. 9 Nr. 1, einem viersätzigen Frühwerk des Komponisten. Besonders im Presto-Finale zeigten die jungen Musiker ihr erstaunliches Können mit Virtuosität und präsentierten vollendet die Kunst des damals jungen Beethoven.
Ein weiterer Höhepunkt des Konzertes war das Streichertrio des aus Mähren stammenden jüdischen Komponisten Gideon Klein, das er, 25-jährig, 1944 im Lager Theresienstadt, neun Tage vor seinem Abtransport nach Auschwitz, vollendete. Darin verarbeitete er kraftvoll und selbstbewusst mährische und böhmische Volksmelodien in insgesamt acht Variationen. Dies im Bewusstsein, dass die ethnischen Wurzeln seiner Musik den Holocaust und der arischen Hybris zum Trotz Bestand haben würden. Mit diesem schlichten und ergreifenden musikalischen Vortrag, spannte sich der Bogen zu dem Spielort, den denkwürdigen Räumen der ehemaligen Synagoge Niederzissens.
Mit lang anhaltendem Beifall bedankten sich die begeisterten Besucher und wurden mit dem 3. Satz aus dem 2. Oboenquartett von Louis Massoneau als Zugabe belohnt.
Zum Abschluss wies Richard Keuler auf das nächste Konzert am Samstag, 6. Juli, 19.00 Uhr hin. Das DUO ADAFINA mit Almut Schwab, Akkordeon, Flöten und Hackbrett, und Jan Köhler, Marimba, Vibraphon und Percussion, spielen Klezmer, Tango und afroamerikanische Musik. Der Eintritt beträgt 16 EUR. Kartenreservierungen beim Kultur- und Heimatverein Niederzissen e.V., Tel.: 02636-6482 oder unter info@khv-niederzissen.de wären von Vorteil. Weitere Infos unter www.ehem-synagoge-niederzissen.de

Bilduntertext: Prof. Kai Frömbgen, Oboe, und die Stipendiaten der Stiftung Villa Musica Larissa Cidlinksky, Violine, Yasin Guendisch, Viola, und Sarah Kim, Violoncello, begeisterten mit dem Konzert „Oboe virtuos“ in der ehem. Synagoge Niederzissen.

Foto: Kultur- und Heimatverein Niederzissen e.V.