Begegnungsstätte: Ehemalige Synagoge feiert Bestehen im Mai

Verständigung und Freundschaft als Motto – Volksbank unterstützt Vorbereitungen

Niederzissen. Am 18. März 2012 begann mit der Eröffnung der ehemaligen Synagoge als Erinnerungs- und Begegnungsstätte ein neues Kapitel in der nunmehr 180-jährigen Geschichte des früheren jüdischen Gotteshauses in der Niederzissener Mittelstraße. Das zehnjährige Bestehen des Neustarts soll am 7. und 8. Mai gebührend gefeiert werden. Die Vorbereitung des Festprogramms läuft auf Hochtouren, versichert Richard Keuler, der Vorsitzende des örtlichen Kultur- und Heimatvereins (KHV), der das Haus bewirtschaftet.

Bruno Jaeger, Geschäftsführer der Bürgerstiftung der Volksbank RheinAhrEifel, und Michael Lenz, Filialleiter der Geschäftsstelle Niederzissen, übergaben jetzt eine Spende in Höhe von 1000 Euro an den Vereinsvorsitzenden als Beitrag zur Finanzierung des Festprogramms. „Die 2012 zwar erhoffte, aber in der heutigen Form nicht erwartete Entwicklung der ehemaligen Synagoge ist es wert, im Rahmen eines Festwochenendes gebührend gewürdigt zu werden. Damit soll das Engagement der Gemeinde als Eigentümerin, besonders aber auch die Arbeit der ehrenamtlich Tätigen honoriert werden“, betont Keuler.

Der Entwurf des Festprogramms stelle den Gedanken der Verständigung und Freundschaft mit den Nachfahren der jüdischen Mitbürger und deren Begegnung mit der Bevölkerung in den Fokus, so Keuler. Musikalische Beiträge, eine Festschrift, ein Festakt mit anschließendem Kaffee und Kuchen im Festzelt sowie Begegnungen in und außerhalb der ehemaligen Synagoge werden das Wochenende abrunden.

Das Synagogengebäude wurde 1841 als jüdisches Gottes- und Versammlungshaus geweiht, 1938 geschändet, zwangsweise verkauft und anschließend fast 70 Jahre lang als Schmiede genutzt. 2009 erwarb die Gemeinde das Haus und renovierte es denkmalgerecht. Mit dem Tag der Wiedereröffnung übernahm der KHV die Betriebsführung. Seither hat sich die ehemalige Synagoge als Erinnerungs- und Begegnungsstätte kontinuierlich weiterentwickelt. Angeboten werden kulturelle Formate, Lehr- und Lernveranstaltungen, Führungen, ein Museum zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung im Brohltal, eine reichhaltige Bibliothek sowie digitale Rundgänge und Schaudepots im Internet. Grundlage für vieles davon ist die Archivierung und Aufbewahrung der Genisa, in der „verbrauchte“ liturgische Schriften verwahrt werden und die vor den Sanierungsmaßnahmen auf dem Dachboden des Hauses entdeckt und gesichert wurde. Gerade diese Funde finden derzeit viel Beachtung durch ihre noch bis zum August andauernde Verlagerung in die bedeutende Ausstellung „In die Weite – Aspekte jüdischen Lebens in Deutschland“, die im vergangenen September im Kolumba, dem Kunstmuseum der Erzdiözese Köln, eröffnet wurde.

Der KHV leistet in der ehemaligen Synagoge eine lobenswerte Arbeit. Seit 2012 fanden dort bis zum Frühjahr 2020 neben anderen Veranstaltungen 118 Konzerte, Lesungen, Vorträge und Ausstellungen statt. Hervorzuheben seien die 39 Veranstaltungen mit Schulklassen, schulischen Arbeitsgemeinschaften sowie kirchlichen Jugendgruppen mit Firmlingen und Konfirmanden, sagt der KHV-Vorsitzende. Unter den regelmäßigen Besuchern der ehemaligen Synagoge ist auch eine wachsende Zahl von Nachfahren Niederzissener Juden, die heute in aller Welt wohnhaft sind und immer wieder in die Heimat ihrer Eltern und Großeltern kommen.

Der Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 brachte natürlich auch einen Bruch für die Erinnerungs- und Begegnungsstätte. So musste im ersten Corona-Jahr das komplette Kulturprogramm gestrichen werden. 2021 konnten immerhin wieder drei der zahlreichen geplanten Kulturveranstaltungen stattfinden, weil dann unter anderem die Möglichkeit bestand, in die St.-Germanus-Pfarrkirche auszuweichen. hwk

Bilduntertext: Die Volksbankrepräsentanten Bruno Jaeger (links) und Michael Lenz (rechts) übergaben eine 1000-Euro-Spende an Richard Keuler als Beitrag zur Finanzierung der Jubiläumsveranstaltung anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Erinnerungs- und Begegnungsstätte. Foto: Kempenich

Dienstag, 22. Februar 2022, Rhein-Zeitung Kreis Ahrweiler, Seite 23