Hans Jürgen Sittig erzählt Geschichte der Eifel
Lesung in Niederzissens ehemaliger Synagoge
Niederzissen. ab. “Ich bin überrascht”, begann Autor Hans Jürgen Sittig auf seine locker-unterhaltsame Art seine Lesung in der ehemaligen Synagoge Niederzissen am sonnigen Nachmittag des 30. März, “dass Sie nicht alle auf Ausflügen, im Garten oder beim Grillen sind. Mit so vielen Besuchern hätte ich gar nicht gerechnet!” Aber offensichtlich wollten sich doch einige im Rahmen der Kulturveranstaltungen der ehemaligen Synagoge vom Autor selbst aus der “eindrucksvollen Geschichte der Eifel” vorlesen lassen. Das 320 Seiten starke Buch des Schriftstellers, Fotojournalisten und Krimiautors, enthält, so der Autor selbst, eine 4,7 Milliarden Jahre lange Zeitreise, von der Geburt der Erde bis heute, in der die Region zu dem geworden ist, was sie heute ist. Und so lang die Zeitreise, und so lang auch das Buch über die Geschichte, auch zu sein scheint, so liest und hört es sich doch überraschend kurzweilig. Noch vor der Pause seiner zweistündigen Lesung war Sittig schon über den größten Teil der 4,7 Milliarden Jahren gereist, und seine Zuhörer waren dabei weder um Jahrmillionen gealtert, noch waren sie schon reisemüde. Denn Sittig las so unterhaltsam, engagiert und spannend, wie er schreibt. Und sein “Geschichtsbuch”, das sich im Großen an die Fakten hält, das aber im Einzelnen historisch so gar nicht wörtlich genommen werden darf – es erzählt amüsant, mit einem Augenzwinkern in fast jedem Satz, eigenwillig, und auch manchmal etwas schräg, über das, was sich in der Erd- und der Menschheitsgeschichte in der Eifel so alles abgespielt hat. Und das war einiges. “Im Vergleich zu Skandinavien, dem Gebiet meiner früheren Reisebücher, ist die Eifel wie ein meterhohes Bäumchen neben einem Mammutbaum”, sagt Sittig. Aber wen diese Region mit ihrer Geschichte und ihren Menschen und ihrer Natur erst einmal gepackt habe, den ließe sie nicht mehr los. Die Eifel sei ein eigenes Arbeitsfeld, und ein sehr großes dazu.
Und sie ist ein Feld, auf dem man auf die humorvolle Art Sittigs doch noch einiges “lernen” kann. So etwa, dass die Dinosaurier wohl noch kein Eifeler Platt sprachen, dass die Neandertaler keinen freien Samstag kannten, und dass die römische Bezeichnung “Germanen” wohl von Blutegelfallen “made in Germany” herrührt, die aus dem Norden ins römische Reich gelangten. Wer dann noch wissen will, wie man sich als Steinzeitler mit einem Moschusochsen zudeckt, oder warum bei den Franken nach dem Begräbnis der Hausfrau Staubsauger, Toaster und Gefrierschrank im Haushalt fehlten, der höre sich Sittigs Lesungen an, und/oder kaufe sich das Buch. Dann lernt er auch, dass die Zeit der Kelten auch heute noch in der “Erkeltung” ihre Spätfolgen zeitigt. Es war ein nicht ganz ernst gemeinter, aber gerade darum so unterhaltsamer Rückblick auf 4,7 Milliarden Jahre Eifeler Geschichte. Sittig schickte der Geschichts-“Vorlesung” noch ein Beispiel seiner lyrischen Erfindung, der “Eifelkrimi-Gedichte” voraus, in denen unter anderem die Gerolsteiner Dolomit-Klippen zu Schauplätzen von Mordversuchen an Ehegatten werden. Der Autor signierte nach der Lesung noch seine Bücher, ob Eifelkrimis, Traumland-Eifel-Fotoband, oder eben die “eindrucksvolle Geschichte der Eifel”.
Olbrück Rundschau vom Mittwoch, 2. April 2014
Foto: Las in der ehemaligen Synagoge über „Neubaugebiets-Griechen“, Eifeler Neandertaler und Eifel-Sumerer: Der Schriftsteller, Fotojournalist und Eifelkrimi-Autor Hans Jürgen Sittig. Foto: ab